„Bäumchen wechsel dich“ in der Bundespressekonferenz Nach dreister Hetze gegen "Impfgegner": Karrieresprung für ARD-Mann

Eigentlich war die Idee der Bundespressekonferenz, dass dort Journalisten die Regierung kontrollieren. Mein Eindruck in rund anderthalb Jahren Mitgliedschaft in diesem Verein: Es ist eine Art Casting-Show, statt „Deutschland sucht den Superstar“ lautet das Motto: „Deutschland sucht die nächsten Regierungssprecher“. Für viele Kollegen im Saal scheint der größte Karriere-Traum zu sein, die Seiten zu wechseln und oben auf dem Podium zu sitzen – als Sprecher statt als Journalist.

Von den amtierenden drei Sprechern von Bundeskanzler Olaf Scholz waren alle drei vorher als Journalisten Mitglied der Bundespressekonferenz. In der Vorgängerregierung war das nicht besser – auch da waren zuletzt alle drei Sprecher vorher Journalisten und saßen auf der anderen Seite im Saal. Der letzte gestandene Regierungssprecher, der zuvor nicht Mitglied der Bundespressekonferenz war und nicht direkt aus einer Redaktion in die Regierung wechselte, war Ulrich Wilhelm, den ich selbst noch aus Zeiten kannte, als er Sprecher von Edmund Stoiber in München war.

Die Problematik ist klar: Wer darauf schielt, sich beliebt zu machen bei der Regierung und ihr Mitglied zu werden, kann sie nicht kontrollieren. Wie tief das Rollenverständnis verschoben ist in der Bundespressekonferenz, haben mir unglaubliche Szenen hinter den Kulissen deutlich gemacht, die ich als Mitglied nicht öffentlich machen durfte – sonst hätte mir der Ausschluss gedroht. Sobald ich dazu komme, werde ich diese unglaublichen Innenansichten veröffentlichen.

Bundespropagandakonferenz

Aber heute will ich Ihnen hier erst einmal eine neue Episode aus dem „Bäumchen-wechsle-dich“-Spiel zwischen Regierung und angeblicher vierter Gewalt, also hier der Bundespropagandakonferenz, vermelden: Michael Stempfle wird neuer Sprecher des neuen Bundesverteidigungsministers Boris Pistorius. Und jetzt raten Sie mal, was Stempfle bis jetzt machte? Er war Korrespondent für den öffentlich-rechtlichen SWR im ARD-Hauptstadtstudio.

Und natürlich Mitglied der Bundespressekonferenz. Und jetzt die Gretchenfrage: Wie glauben Sie, stach der Kollege dem neuen Minister ins Auge, wie kam es zu dem Vertrauensverhältnis, das für so einen Posten unentbehrlich ist? Durch kritische Fragen, echten Journalismus, der seine Aufgabe als vierte Macht wahrnimmt? Oder ist eher anzunehmen, dass der Kollege auf der Schleimspur unterwegs war? Die erste Assoziation bei einer schnellen Durchsicht seiner Berichte war: „Jede Minute verliebt sich ein Journalist in Rotgrün“. Vielleicht bin ich damit etwas voreilig, aber stramm auf rotgrüner Linie scheint der Kollege jedenfalls zu sein. Was ja wohl auch die Grundvoraussetzung für den Job ist.

Mehr noch: Stempfle, der aussieht wie ein Primaner und es vom schwäbischen Bopfingen nach Berlin geschafft hat,  war übereifrig beim Hetzen gegen Andersdenkende. Vor allem „Impfgegner“. In einem Kommentar erklärte er vor Millionen, dass sie für ihn „ähnlich wie Terroristen“ seien: „Verfassungsfeinde … , die den demokratischen Staat ablehnen“. „Die Mehrheit der Bevölkerung“, so Stempfle, habe das „längst begriffen“ (siehe hier).

Nach so viel Plan-Übererfüllung bei Hetze und Linientreue gibt es jetzt den begehrten Regierungsposten.

Michael Stempfle

Übrigens war auch schon der Vorgänger von Stempfle, Christian Thiels, vorher Journalist bei der ARD. Er zeigte Wendigkeit – war er doch unter der zurückgetretenen Ministerin Christine Lambrecht (SPD) ebenso treu im Amt wie unter CDU-Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Wie ein Familientreffen

Ganz ehrlich: Mich kotzt es an, dass so viele Kollegen heute den Wechsel in die Regierung als größtes Karriere-Ziel sehen. Sie erinnern mich an diejenigen, die in der Schule immer um den Lehrer herum wieselten und als „Schleimer“ verschrien waren. Kein Wunder, dass in der Bundespressekonferenz auch ohne Maskengebot noch brav Maske getragen wurde bzw. wird. Und dass sie oft etwas von einem Familientreffen hat. Als etwa der neue Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, im Dezember sein Amt antrat, wurde er vom Vorsitzenden der Bundespressekonferenz, Mathis Feldhoff vom ZDF, wie ein alter Verwandter begrüßt – per Du natürlich. Und man tauschte alte Anekdoten aus.

Unter Angela Merkel sind Politik und Medien zu einem polit-medialen Komplex zusammen gewachsen. Man weiß nicht, was schlimmer ist: Dass bei Geheimtreffen zwischen Kanzlerin und Medien-Leuten etwa die Corona-Linie ausgegeben wird. Oder dass diejenigen, die das kritisierten, als „Verschwörungstheoretiker“ diffamiert wurden – bevor die Treffen durch einen Versprecher quasi „amtlich“ wurden.

Ohne eine funktionierende Presse als vierte Gewalt ist Demokratie unmöglich. Wo statt Kontrolle Inzucht herrscht, sind Missstände vorprogrammiert. Mein Ausschluss aus der Bundespressekonferenz, die Nicht-Aufnahme von Henryk M. Broder, den jungen kritischen Kollegen von Tichy und Florian Warwegs zeigt, wie groß die Angst im polit-medialen Komplex vor echten kritischen Fragen und echter journalistischer Kontrolle ist. Bei wirklich kritischen Fragen stehen die Sprecher auf der Tribüne und die Möchtegern-Sprecher im Saal nackt da. Der Elfenbeinturm wird in sich zusammenbrechen. Die Frage ist nur: Wieviel Schaden wird bis dahin angerichtet, und wie hoch wird der Preis für den Neuanfang sein – für den wir eine Art journalistische Trümmerfrauen brauchen werden.

Für meine Arbeit müssen Sie keine Zwangsgebühren zahlen, und auch nicht mit Ihren Steuergeldern aufkommen, etwa über Regierungs-Reklameanzeigen. Hinter meiner Seite steht auch kein spendabler Milliardär. Mein einziger „Arbeitgeber“ sind Sie, meine lieben Leserinnen und Leser. Dadurch bin ich nur Ihnen verantwortlich! Und bin Ihnen außerordentlich dankbar für Ihre Unterstützung! Nur sie macht meine Arbeit möglich!
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